Schneechaos in Frankreich: Austauschschüler sitzen in Ibbenbüren fest

Schneechaos in Frankreich: Austauschschüler sitzen in Ibbenbüren fest

Die Schüler des Lycée Cassini aus Clermont mussten wegen des heftigen Schneefalls in ihrer Heimat länger in Ibbenbüren bleiben. Goethe-Lehrerin Marie-Luise Winkens (v.l.) und ihre Kollegen Monika Delafraye und Bernard Colomb aus Frankreich kümmerten sich um das Organisatorische.

Ibbenbüren. Als die Nachricht aus dem niederländischen Utrecht kam, brütete die Klasse von Marie-Luise Winkens gerade über einer Deutsch-Klausur. Erst später erfuhr die Lehrerin vom Goethe-Gymnasium, was an diesem Tag wieder auf sie zukam – ein Reisebus mit 23 gerade abgereisten französischen Austauschschülern. Heftiger Schneefall in ihrer Heimat zwang sie zur Rückfahrt nach Ibbenbüren.

Verrückt findet auch die Deutschlehrerin Monika Delafraye vom Lycée Cassini aus Clermont die Situation. Am Mittwoch hatte sie sich nach eineinhalb Wochen Aufenthalt in Ibbenbüren mit Kollege Bernard Colomb und ihren Schützlingen wieder auf den Weg nach Frankreich gemacht. „8.30 Uhr sind wir losgefahren. Um 10.30 Uhr, als wir in Utrecht waren, rief meine Schulleiterin an“, erinnert sie sich. Die überbrachte den beiden Lehrern die Hiobsbotschaft: In der schneebedeckten Region im Norden Frankreichs fiel die Schule aus, weder Busse noch Lkw durften fahren. Einreise unmöglich.
„Eigentlich haben wir milde Winter“, erklärt Delafraye. „Fünf bis zehn Grad plus sind normal, Schneefall die absolute Ausnahme.“ Gewöhnt an das eher milde Klima gebe es in Clermont keine Räumdienste. Auch seien nur die wenigsten Autofahrer mit Winterreifen unterwegs. „Kaum einer kauft sich einen Satz für 400 Euro, wenn er den in zehn Jahren nur ein paar Mal braucht.“ Dienstag habe es starkes Blitzeis gegeben.
Sogar die Nord-Süd-Achse von Lille nach Paris sei zeitweise gesperrt gewesen. Der Schnee legte die ganze Region lahm. Glück im Unglück: Bis auf eine konnten alle Gastfamilien ihre Schützlinge spontan wieder aufnehmen. „Wir haben viel telefoniert an diesem Tag“, sagt Marie-Luise Winkens. „Alle Eltern hatten großes Verständnis dafür.“ Sehr zur Freude von Monika Delafraye: „Daran sieht man, dass die menschliche Hilfsbereitschaft funktioniert.“ Durch die neue Situation mussten am Goethe-Gymnasium auch Klausuren verlegt werden. Aber alles ging gut.
Auch für die Eltern der Austauschschüler war die Situation mehr als ungewohnt. „Meine Mutter dachte, ich mache einen Witz – bis ich anfing zu weinen“, sagt Vincent. Anders war die Situation bei Astrid: „Meine Mama hat sich gefreut, dass ich länger in Deutschland bleiben kann.“ Und Chloé, die ihren Geburtstagskuchen am Mittwoch eigentlich mit ihren Lieben daheim essen wollte, schnitt die Köstlichkeit stattdessen im Kreise ihrer Gastfamilie an. Herzlich wurde auch Clémence wieder in Ibbenbüren willkommen geheißen. „Meine Gastmutter hat sich gefreut. Sagte sie doch beim Abschied zu mir: Komm schnell wieder“, sagt die Schülerin und lacht.
Am Samstag möchte die Truppe die Rückreise noch einmal wagen. „Wir fahren eine um etwa 300 Kilometer längere Strecken über Trier und Luxemburg“, erklärt Delafraye. In der Hoffnung, dass die 23 Schüler und ihre Lehrer Clermont von Osten aus erreichen können. „Seit Freitag gibt es bei uns zu Hause zumindest wieder Unterricht.“
An einen derartigen Fall in der Geschichte des Austauschprogramms können sich weder Marie-Luise Winkens noch Monika Delafraye erinnern. „Also, vor zwei Jahren gab es auch viel Schnee“, erinnert sich die Lycée-Lehrerin. „Da haben wir für die Rückfahrt doppelt so lange gebraucht.“ Eine Verspätung von mehreren Tagen war jedoch neu.

 

Daniel Lüns - Ibbenbürener Volkszeitung vom 15.03.2013