Tief verwurzelte Musizierkultur

Tief verwurzelte Musizierkultur

IBBENBÜREN. Ein schöneres Geschenk zu seinem 60. Geburtstag hätte sich Heiner Vornhusen wohl nicht vorstellen können als ein Konzert mit mehr als 100 ehemaligen und aktuellen Mitgliedern des Goethe-Orchesters. Am Samstagabend konnten sich die vielen Liebhaber feinster Musizierkunst im Bürgerhaus davon überzeugen, dass über Jahrzehnte in diesem weit über die Grenzen von Ibbenbüren bekannten Orchester herausragende Arbeit geleistet worden ist. Denn solch ein niveauvolles Konzert mit nur zwei Tagen für die Probenarbeit auf die Beine zu stellen setzt voraus, dass in der Vergangenheit eine tief verwurzelte Musizierkultur mit auf den Weg ins Leben „nach der Schule“ mitgegeben worden ist.

Mit großem Organisationsaufwand war es gelungen, dieses große Orchester zusammenzuführen zu einem Konzert, bei dem besondere Höhepunkte aus der langjährigen Repertoirearbeit wieder auf die Bühne gebracht wurden. Heiner Vornhusen, der seit nunmehr 35 Jahren als versierter Dirigent dem Goethe-Orchester vorsteht, war sichtlich gerührt von solchem Engagement und das Publikum erlebte einen Konzertabend, der wohl lange im Gedächtnis bleiben wird.

Mit einer grandios interpretierten „Overtüre“ aus dem 1746 komponierten „Occasional Oratorio HWV 62“ von Georg Friedrich Händel schenkte das Orchester dem begeisterten Publikum einen gar königlich anmutenden Einstieg, traf mit der detailgenauen und etwas pathetischen Gestaltung den Charakter dieser Overtüre, aus der Händel Teile in seiner Feuerwerksmusik verarbeitet hat. Genauso inspirierend ging es mit zwei Sätzen aus der „Peer Gynt-Suite Nr. 1 op. 46“ aus der Feder von Edvard Grieg weiter. Mit feinsten klangmalerischen Mitteln verzauberte das Orchester, wurde man von der Dramatik bei „Åses Tod“ tief bewegt und wanderte danach „In der Halle des Bergkönigs“, die vom Orchester in ein ganz lebendiges Gewand gekleidet war. Auch beim „Huldigungsmarsch“, dem Vorspiel aus dem dritten Akt der Bühnenmusik aus „Sigurd Jorsalfar“ zeigte das Orchester seine ganzen Qualitäten, konnte den feierlichen Charakter eindrucksvoll wiedergeben.

Für ein mitreißendes Musikerlebnis sorgte als Solist der Violoncellist Johannes Vornhusen, der beim „Allegro“-Satz aus dem „Konzert für Violoncello und Orchester D-Dur Hob. VII b,2“ von Joseph Haydn seine ganze Virtuosität und Gestaltungskunst einbringen konnte. Bestens gelang der musikalische Dialog zwischen dem Solisten und dem bei diesem Werk verkleinerten Orchester, sodass dieses Werk aus der reifen Wiener Klassik seine ganzen Schönheiten entfalten konnte. Die lyrischen Passagen wurden von Johannes Vornhusen mit sensibler Melodiegestaltung interpretiert, Manierismen und Verzierungen bis ins kleinste Detail werkimmanent umgesetzt. Solch hohe Kunstfertigkeit und innige Musizierweise von dem Solisten und dem Orchester fand natürlich beim Publikum die gebührende Anerkennung.

Mit der ursprünglich als Bühnenmusik zum gleichnamigen Schauspiel geschriebenen „L’Arlésienne Suite für Orchester“ von George Bizet durchzog dann romantisches Flair den Saal des Bürgerhauses. Aus den meist in zwei Suiten aufgeführtem Werk hatte Heiner Vornhusen eine Auswahl zusammengestellt, die trotz ihrer kontrastreichen Charaktere in ihrer Abfolge einfach bestens harmonierte.

Bei dem „Prélude“ ließ man sich einfangen von der getragenen Melancholie, genoss beim „Intermezzoo“ dessen dramatische Expressivität, wurde inspiriert beim „Adagietto“ von der poetischen Melodieführung. Eleganz und Spritzigkeit zeigte sich beim „Menuet“ und die tänzerischen Elemente der „Farandole“ rissen einfach mit.

Spanisches Temperament und Leidenschaft prägten das letzte große Werk des Abends. Die von Georges Bizet als Musik zu seiner Oper geschriebene „Carmen-Suite“ zählt wohl zu den meist gespielten Werken dieses Komponisten. Zwölf Nummern aus dieser Oper sind in zwei Orchester-Suiten zusammengefasst und wiederum hatte Heiner Vornhusen bei der Auswahl von sieben Teilen große Umsicht bewiesen. Mit „Les Toréadors“ und dem „Chanson du Toréador“ wurde man klangmalerisch direkt in die Stierkampfarena von Sevilla entführt, bei der „Habanera“ konnte sich wohl niemand bei solchem Esprit und Leidenschaft ihrem Reiz entziehen und beim „Danse bohéme“ verband sich Eleganz und Spielfreude.

Den Ausführenden kann man für solch eine Bereicherung des Kulturlebens der Stadt nur danken.

Quelle: IVZ  /  Fotos: Axel Engels