G8 dünnt Goethe-Orchester aus

G8 dünnt Goethe-Orchester aus

Schüler haben im G8-Zeitalter jede Menge um die Ohren: Zehn Schulstunden und mehr, Hausaufgaben, wenig Freizeit. Heiner Vornhusen, Leiter des Orchesters des Goethe-Gymnasiums, erklärt im Interview unter anderem, warum es sich für Jugendliche trotz alledem lohnt, gemeinsam zu musizieren.

IBBENBÜREN. Schüler haben im G8-Zeitalter jede Menge um die Ohren: Zehn Schulstunden und mehr pro Tag, viele Hausaufgaben, immer weniger Freizeit. Heiner Vornhusen, Leiter des Orchesters des Ibbenbürener Goethe-Gymnasiums, erklärt im Interview unter anderem, warum es sich für Jugendliche trotz alledem lohnt, gemeinsam zu musizieren.


Wie groß ist das Orchester?

Vornhusen: Wir haben ein vollständiges Sinfonieorchester, bestehend aus Streichern, Holzbläsern, Blechbläsern und Percussionen. Bis zum Abitur hatte es etwa 80 Mitglieder. Jedoch haben nun 23 Schüler ihr Abiturzeugnis bekommen, sodass wir nun auf diese verzichten müssen. Das ist ein großer Schnitt, den wir nun überbrücken müssen.

G8-Abi, viele Hausaufgaben, kaum Freizeit – warum sollte ein Schüler zusätzlich noch beim Orchester mitmachen?

Vornhusen: Weil es ein idealer Ausgleich zu den anderen Belastungen ist, die man durch die Schule hat. Die anderen Fächer haben natürlich immer höhere Leistungsanforderungen. Zudem müssen die Schüler binnen acht Jahren denselben Stoff aufarbeiten, wofür sie früher neun Jahre Zeit hatten. Sie müssen unter einem ständigen Druck arbeiten. Durch die Musik kann man diesen Druck abbauen. Zudem ist das Orchester eine tolle soziale Gemeinschaft.

Wo bleibt denn die Zeit zum Proben?
Vornhusen: Wir haben ein Mal in der Woche nachmittags Probe. Und diese Probe ist im Stundenplan fest integriert. Jeder Goethe-Schüler kann beim Orchester mitmachen und es belegen, wie jedes andere Fach auch. Und dann wird darauf geachtet, dass er in dieser Zeit nicht durch andere Schulfächer geblockt ist. Schüler der Klassen fünf bis sieben kommen ins Junior-Orchester, ab Klasse sieben kommen Schüler ins große Orchester.

Gibt es genug Nachwuchs?
Vornhusen: Im Moment sind wir etwa bei den Streichern ganz gut bestückt, was die Zahlen angeht. Im Junior-Orchester spielen 25 bis 30 Schüler. Aber die sind fast alle noch in den Anfängen und müssen noch gefördert werden. Und im großen Orchester fehlen die 23 Abiturienten. Da müssen wir Stücke spielen, die man auch ohne die 23 spielen kann.

Wo bekommt man diese 23 Schüler denn auf Dauer wieder her?
Vornhusen: Tja, die können sie nicht einfach aus dem Hut zaubern. Das ist ganz schön kompliziert. Daher sehen wir immer zu, dass die Schüler in der Klasse fünf ein Instrument erlernen oder am Lernen dran bleiben – in der Hoffnung, dass sie später ins große Orchester kommen. Aber ich mache das jetzt seit 33 Jahren und bisher hat es immer geklappt. Ich hoffe, dass ich es dieses Mal wieder hinbekomme. Durch das Doppelabitur ist es eben eine besondere Herausforderung.

Wie viele Schüler wären nach dem Abitur normalerweise weggefallen?
Vornhusen: Etwa die Hälfte.

Wie oft ändert sich die Besetzung des Orchesters?
Vornhusen: Jedes Jahr. Komplett. Und dann muss man sehen, dass man wieder ein normales Orchester aufbaut. Das ist insofern eine Herausforderung, als das man ja die verschiedenen Stimmen braucht.

Wie lange dauert es dann, bis dieses Ensemble wieder harmonisch klingt?
Vornhusen: Das lässt sich nicht vorhersagen, weil es stark davon abhängt, wie begabt manche Schüler sind und wie schnell sie sich einfinden können. Das ist bei jedem Schüler anders. Genau die Lücken zu füllen, ist schwierig.

Was kann das Orchester, was der Musikunterricht nicht kann?
Vornhusen: Im Unterricht wird auch Musiktheorie aufgearbeitet. Musikanalyse, Notenlesen und so weiter. Das Orchester ist der praktische Teil, wo die Schüler die Stücke mit ihren eigenen Instrumenten ausführen. Das ist natürlich etwas Besonderes. In dieser Qualität und Häufigkeit geht das im normalen Unterricht nicht.

Mitspieler suchen und ins Orchester integrieren, proben und zeitgleich Konzerte planen und spielen. Wie geht das?
Vornhusen: Das hängt stark vom Programm ab und den Stücken, die man ausgesucht hat. Man sollte tunlichst Stücke aussuchen, bei denen möglichst viele mitmachen können – idealerweise natürlich alle. Dafür arrangiert man manchmal auch mal.

Was wird arrangiert?
Vornhusen: Man schreibt zum Beispiel Stimmen von Instrumenten um, die eigentlich besetzt aber nicht vorhanden sind. Manchmal muss man auch auf Schüler aus anderen Orten zurückgreifen. Beispiel: Harfe. Im Goethe-Orchester spielt keiner dieses Instrument. Die Position muss man sich dann für ein Konzert dazu holen.

Interessierte Schüler können zur nächsten Orchesterprobe kommen. Sie ist im kommenden Schuljahr donnerstags, 7. und 8. Stunde (Streicher) und 9. und 10. Stunde (Bläser und Schlaginstrumente), Musikraum 412.

Daniel Lüns - Ibbenbürener Volkszeitung vom 25.07.2013