Ukrainer hoffen auf Hilfe aus Europa

Ukrainer hoffen auf Hilfe aus Europa

Goethe-Schüler treffen polnische und ukrainische Jugendliche / Krim-Konflikt ist Thema

Ibbenbüren/Bochnia. Die politische Lage in der Ukraine ist ständig in den Medien. Schüler des Ibbenbürener Goethe-Gymnasiums haben ganz eigene Einblicke ins Thema bekommen - beim Schüleraustausch in Polen sprachen sie mit Jugendlichen aus der Ukraine. Dabei bekamen sie Informationen aus erster Hand, berichtet Lehrer Matthias Block, der die Schüler begleitet hat und vom Austausch berichtet.
Gemeinsam mit zwölf Schülern des Goethe-Gymnasiums fuhr Block nach Polen. Zur gleichen Zeit war dort eine ukrainische Schülergruppe zu Gast. Sie kommt aus der westukrainischen Stadt Lviv (Lemberg).
Die Jugendlichen erzählten, wie sie die politiche Entwicklung im Osten ihres Landes wahrnehmen und bewerten. Im Besonderen sprachen sie über die Rolle Russlands im Krimkonflikt und die Position der Ukraine zwischen Russland und Europa.

"Sie wollen nicht von Russland fremd bestimmt werden."
Lehrer Matthias Block
Dabei zeigten die Ukrainer Filme von den Protesten auf dem Maidan-Platz und der Verbschiedung der während der Proteste getöteten Menschen. Sie stellten klar, dass sie europäisch orientiert sind - und sich als Schild gegenüber Russland verstehen. Gerade deshalb hoffen sie auf Hilfe aus Europa. Sie brauchen Unterstützung, und sie erwarten diese Unterstützung auch. In dem emotionalen Gespräch wurde das sehr deutlich, erkärt Lehrer Matthias Block. Ihre Haltung beschrieben die Schüler als klar anti-russisch. Sie traten als selbstbewusste Ukrainer auf, die eigenständig und nicht von Russland fremd bestimmt werden wollen. Über kurz oder lang gehen sie zudem davon aus, dass die Krim zurück an die Ukrainer gegeben wird, da die Wahl, wie sie sagen, offenkundig zentral gesteuert wurde und das klare Ergebnis eine Folge politischen Drucks auf die Bevölkerung sei. Interessant waren diese Infos aus Erster Hand für alle Beteiligten. Plötzlich waren alle ganz nah dran am Thema, an dem Menschen, um die es geht. Von denen ständig berichtet wird.
Die ausführlichen Gespräche über die politische Lage gab es allerdings erst gegen Ende des Austauschs. Vorher war die Verbindung zwischen den polnischen und deutschen Schülern enger, sagt Block. Klar, die Schüler kannten sich ja auch schon vom Besuch der Polen in Ibbenbüren.
Natürlich ging es im Austausch auch um leichtere Themen. Da wurden Selfties zur Erinnerung gemacht und gemeinsame Freitzeitgestaltungen diskutiert, Handynummer, Mailadressen und Nicknames ausgetauscht. Zwischen den polnischen und deutschen Schülern war bereits so manche Freundschaft entstanden, die sich beim Wiedersehen verfestigte. Gespräche führte man in einer "gesunden und lebhaften Mischung aus polnischen, deutschen und englischen Wörtern", sagte Block: "Im Zweifel nutzt man halt die Zeichensprache."
Ansonsten war das Programm gut gefüllt: Die Schüler haben das historische Salzbergwerk in Bochnia besichtigt und an ausführlichen Führungen durch die Lager Auschwitz I und Auschwitz-Birkenau teilgenommen. Die Schüler zeigten sich tief betroffen und reagierten mitunter sehr emotional. Am Mittwoch wurde Krakau besichtigt, am Donnerstag ging es gemeinsam in die Berge. Vor der Rückfahrt am Freitag lernten alle Schüler noch einen traditionellen Tanz, der in Bochnia von den Schülern zum Abitur aufgeführt wird. Am vergangen Freitag ging es um 16 Uhr zurück nach Deutschland - um einige Erfahrungen und manche Freundschaft reicher.

Wer war dabei?
Insgesamt haben 24 polnische Schüler im Alter von 15 is 17 Jahren am Austausch teilgenommen. 14 von ihnen waren auch in Ibbenbüren; die restliche Gruppe (zehn Schüler) hat in Bochnia (Polen) die ukrainischen Gäste aufgenommen und begleitet. Aus Deutschland waren zwölf Schüler des Goethe-Gymnasiums mit dabei. Begleitet wurden die Gruppen jeweils von zwei Lehrern. Der Austausch wurde nun erstmals als dreiseitiges Projekt durchgeführt. Der begleitende Lehrer Matthias Bock: "Zum jetzigen Zeitpunkt ist eine Fortführung in dieser Art nicht absehbar, wir stehen einem derartigen Projekt jedoch grundsätzlich offen gegenüber. Definitiv fortgesetzt wird der deutsch-polnische Austausch, welcher in dieser Form bereits seit mehr als sieben Jahren besteht."

IVZ vom 17.04.2014