Abschied nach fast 175 Dienstjahren

Abschied nach fast 175 Dienstjahren

Goethe-Gymnasium verabschiedet sechs Urgesteine in den Ruhestand

Zum Schuljahresende hat das Goethe-Gymnasium gleich von sechs zukünftigen Pensionären Abschied nehmen müssen, die die Schule entscheidend geprägt haben.

Auf der traditionellen Feier am Vorabend des letzten Schultages würdigten die Kolleginnen und Kollegen im Rahmen einer Preisverleihung humorvoll und herzlich, aber auch nachdenklich das jahrzehntelange Wirken der aus dem Schuldienst ausscheidenden Pädagogen. "Applaus, Applaus" spendeten sie musikalisch den zukünftigen Ruheständlern für die "großen Taten" und brachten durch Reden und Geschenke ihre Wertschätzung und den Einschnitt für die Schule zum Ausdruck.

 

Am letzten Schultag überreichte der Schulleiter Andreas Tangen in einer offiziellen Feierstunde die Verabschiedungsurkunden und würdigte das Engagement der langjährigen Pädagogen.

Sein Dank galt zunächst Bernhard Dierkes, der als Ibbenbürener Urgestein vor 34 Jahren an das Goethe-Gymnasium kam. In seinen Fächern katholische Religion und Geschichte habe nicht nur die Leistung gezählt, sondern der beliebte Lehrer habe die Chance genutzt, die Schülerinnen und Schüler weniger unter Druck zu setzen als in den Hauptfächern. Er unterstrich das große außerunterrichtliche Engagement des Kollegen. So habe sich Bernhard Dierkes mit seiner Frau Marie-Luise als zuvorkommender Gastgeber bei zahlreichen Austauschen mit den Partnerschulen des Goethe-Gymnasiums in Frankreich und England eingesetzt. Neben seinem Aufgabenbereich in der Schulbuchverwaltung war er bis 2005 lange Jahre als sachkundiger Bürger im Schulausschuss als Vertreter der Schulform Gymnasium aktiv. Am prägendsten für die Wahrnehmung im Kollegium war sicherlich die jahrzehntelange Tätigkeit im Lehrerrat, davon einige Jahre als Vorsitzender, und in der Schulkonferenz. Dies wurde auch auf der Kollegiumsfeier deutlich, auf der Bernhard Dierkes den Preis für das "Lebenswerk" erhielt und seinem Wirken als "Brückenbauer" hoher Respekt gezollt wurde. Diese Metapher aufgreifend, charakterisierte der Schulleiter seinen Weggefährten als "Elder Statesman", der durch große Erfahrung und ein ernsthaftes Interesse besonnene Ratschläge gegeben habe. Dierkes zeigte sich auch in seinen Abschiedsworten als Vermittler, unterstrich er doch, wie wichtig Kommunikation und ein nie abreißender Gesprächsfaden für ein Kollegium seien.

Focke Eschen hat das Schulleben am Goethe-Gymnasium fast 37 Jahre geprägt. Geboren in Ostfriesland trat er nach dem Studium der Fächer Mathematik und Physik in Münster 1978 seine Stelle am Goethe an. Anfang der 90er Jahre nahm er am ersten Studiengang Informatik teil und baute in den folgenden Jahrzehnten diesen Fachbereich kontinuierlich auf. Der Schulleiter dankte ihm insbesondere für den unermüdlichen Kampf, die Computertechnologie und neue Medien in alle Bereiche des schulischen Lebens einzubinden. Dabei erinnerte er an den langen, mühsamen Weg vom ersten Computer 1982 bis zur heutigen technischen Ausstattung, die ganz entscheidend Eschens Werk und sein Vermächtnis sei. Viel Überzeugungsarbeit habe der "Netzwerker" auf politischer Ebene in dem Kampf um Räume und Mittel leisten müssen. Aber auch die Kolleginnen und Kollegen hätten für so manche technische Erneuerung erst gewonnen werden müssen, die uns heute selbstverständlich erscheine. Seine Zähigkeit, Geduld und Humor hätten ihm geholfen, nicht nur die gesamte Wartung der schulischen Technik, sondern auch die vielen privaten Hilfsgesuche der Kolleginnen und Kollegen zu ertragen: "In jedem Arbeitszimmer der über Vierzigjährigen war Focke Eschen mindestens fünfmal." In den letzten Jahren war Eschen mit halber Stelle als Fachberater für Informatik bei der Bezirksregierung Münster tätig. Der Pensionär selbst blickte auch angesichts der geschilderten Widrigkeiten "ohne Groll" zurück und brachte seine Freude auf den wohlverdienten Ruhestand zum Ausdruck.

1974 begann Anne Langer-Düttmann als Referendarin ihren Dienst am Goethe-Gymnasium, wo sie ihr gesamtes berufliches Leben verbracht hat. Ihre Fächer spiegeln ihre Neigungen bis heute wider: Frankreich als Land kulturellen und landschaftlichen Reichtums verbindet sie mit ihrem Fach Französisch; im Pädagogikunterricht nutzte sie nicht nur die Chance, über zwischenmenschliche Beziehungen im gesellschaftlichen Kontext nachzudenken, sondern diese auch zu gestalten.

Beide Fächer unterrichtete sie mit viel Herzblut, Energie und großer Leidenschaft, bestimmt von dem Ziel, eng und kreativ sowie auf hohem Niveau mit den Schülerinnen und Schülern zusammenzuarbeiten. So präsentierten ihre Lerngruppen eigene Filme und selbst geschriebene Theaterstücke auf Schulfesten und Elternabenden. Wochenendfahrten nach Paris, die Betreuung von Bundesfremdsprachenwettbewerben, die Einführung des französischen DELF-Diploms am Goethe-Gymnasium sowie pädagogische Wochenenden und Nachmittage nannte Andreas Tangen als Beispiele für das nachhaltige Wirken und große Engagement der Kollegin. Als Ausbildungskoordinatorin habe sie ebenso Maßstäbe gesetzt und die Referendarinnen und Referendare mit Wertschätzung und Motivation zu einer vertieften Auseinandersetzung mit Thema und Material bewegt.

Anne Langer-Düttmann blickte in ihrer Ansprache auf ein intensives Berufsleben zurück, in dem ihr immer eine besondere Nähe zu den Schülerinnen und Schülern wichtig gewesen sei, für deren Belange und auch für die des Kollegiums sie gemeinsam mit anderen gestritten und auch Krisen ausgehalten habe. Sie hob hervor, dass es Momente der Verbundenheit und Distanz gab, sich aber auch viele stabile Freundschaften entwickelt hätten und dankte für eine "sonnendurchflutete Woche" des Abschieds. "Ich bereue nichts" fasste sie mit Edith Piaf ihre vielfältigen Erfahrungen und Erlebnisse zusammen.

Ebenfalls verabschiedet wurde am Vorabend Helmut Reinkemeier, der die Fächer Deutsch und Sozialwissenschaften unterrichtete. Er kam 1980 an das Goethe-Gymnasium und leitete in den letzten Jahren die Schulbibliothek; darüber hinaus war er zuständig für die Schulnachrichten. Zudem engagierte er sich bei der Koordination des Faches Deutsch in der Oberstufe, wobei er insbesondere an der Lehrplansequenz arbeitete. "Nun weint die Welt, und sollten wir nicht weinen?" brachte die Fachschaft Deutsch angelehnt an Goethe ihr Bedauern über den Abschied des geschätzten Kollegen zum Ausdruck.

Generationen von Schülerinnen und Schüler geprägt hat auch Reiner Tylle, der 37 Jahre lang die Fächer Mathematik, Informatik und evangelische Religion am Goethe-Gymnasium unterrichtet hat. Zeitweise war er als SV-Lehrer tätig und seinem Engagement ist es zu verdanken, dass das Betriebspraktikum am Goethe-Gymnasium eingeführt wurde. Als Mittelstufenkoordinator hat er die Schülerinnen und Schüler eng und kompetent begleitet. Dem Religionslehrer war es in all den Jahren darüber hinaus ein besonderes Anliegen, nicht nur fachliche Inhalte, sondern auch Werte und Herzensbildung zu vermitteln.

Bereits zum 01.02.2014 wurde Jürgen Düttmann nach dreißigjähriger Unterrichtstätigkeit offiziell vom Schulleiter verabschiedet. Er unterrichtete die Fächer Geschichte und Sozialwissenschaften und etablierte die Kooperation mit dem Geschichtsort Villa ten Hompel in Münster, der sich der Erinnerungskultur und Demokratieförderung widmet. Mit zahlreichen nationalen und internationalen Projekten - z.B. durch die Einladung von Zeitzeugen an das Goethe-Gymnasium, den Besuch von Gedenkstätten, durch Geschichtsgänge, Ausstellungen und Publikationen - wandte sich der passionierte Historiker im Gedenken an die NS-Verfolgten gegen das Vergessen und Verdrängen und vermittelte so auf besondere Weise die Geschichte des Nationalsozialismus. Dokumentiert wurde eine solche Spurensuche auch in einer Publikation zum Nationalsozialismus und Judenverfolgung in Ibbenbüren. Jürgen Düttmann, dessen kritischer Geist und geschliffene Rhetorik vom Schulleiter gewürdigt wurden, hat darüber hinaus den Austausch mit einer Schule in Polen initiiert und organisiert.