"Wir sind verrückt nach Knödeln"

"Wir sind verrückt nach Knödeln"

Juliette Triquet (16) besucht Ibbenbüren / Unterschiede zwischen deutschem und französischem Unterricht

Ibbenbüren. "Deutsche essen viele Brötchen", sind "sehr freundlich" - und haben ein super Schulsystem. Das sind, etwas verkürzt, die Eindrücke von Juliette Triquet aus Clermont de l´Oise (nördlich von Paris). Die 16-Jährige verbringt zurzeit eine Woche in Ibbenbüren und schnuppert bei der IVZ in den deutschen Lokaljournalismus herein. Sie verrät, was sie am deutschen Schulsystem mag, und wie anstrengend der Schulalltag in Frankreich ist. Außerdem spricht sie übers "typisch deutsch".
Juliette spricht fließend deutsch und kann bei der Arbeit in der Redaktion ordentlich mithelfen - "ganz schön beeindruckend", staunt ihre Freundin Maja Lüttel (15). Die beiden kennen sich vom Schüleraustausch vom vergangenen Jahr. Maja ist froh, ihre französische Freundin für ein paar Tage wieder in der Stadt zu haben. Aber ob sie sich selbst so ein Abenteuer zutrauen würde, bei der Zeitung in einem anderen Land zu arbeiten? Eher nicht, sagt sie. "Da gehört viel Mut zu", lobt sie anerkennend ihre Freundin Juliette.

"Viele denke beim Thema Deutschland an diese Kleider ... Ah ja, Dirndl!" Juliette Triquet (16)

Mit zehn Jahren hat die junge Französin begonnen, Deutsch und Englisch zu lernen. In Frankreich werden Fremdsprachen von Muttersprachlern unterrichtet. Aber das ist längst nicht alles, was den französischen Schulalltag vom deutschen unterscheidet: "Unser Unterricht ist sehr stressig. Ich denke, das ist in Deutschland besser", erzählt Juliette.
Von 08.30 bis 17.30 Uhr haben die Franzosen Unterricht. 55 Minuten dauert eine Schulstunde. Währenddessen darf man weder essen, noch trinken. Auch Interaktionen zwischen Lehrern und Schülern ist selten, hauptsächlich gibt es Frontalunterricht. "In Deutschland ist der Unterricht dialogischer", findet Juliette. Und das sei gut so, denn das pauselose Mitschreiben kann anstrengend sein. Zumal es nach den 55 Minuten keine Pause gibt, sondern nahtlos in die nächste Stunde übergeht. Dazwischen gibt es eine Mittagspause. Wenn die Schule aus ist, geht es ab nach Hause - Hausaufgaben machen.
Dafür aber haben die Franzosen im Sommer satte zwei Monate Ferien. Dazu kommen auch noch Frühlingsferein, Herbst -und Winterferien. So kommen 15-jährige Franzosen laut OECD-Zahlen auf 144 Schultage, statt wie die Deutschen, auf 188.
Es gibt aber auch einen Unterschied zwischen dem Alltag eines Deutschen und eines Franzosen, sagt Juliette. Und der liegt in der Wertschätzung des Essens. "In Frankreich sind die drei Mahlzeiten am Tag sehr wichtig", sagt die Schülerin. "In Deutschland isst mal einfach etwas, wenn man Hunger hat." Außerdem sei es in Frankreich selbstverständlich, abends etwas Warmes zu essen. Das "Abendbrot", wie man es in Deutschland kennt, gibt es dort nicht. "Hier isst man sehr viel Brot", sagt Juliette und grinst.
Aber eins haben wir den Franzosen voraus, sagt Juliette: "Knödel!" Wenn immer die Triquets nach Deutschland kommen, kaufen sie einen ganzen Haufen davon. Auch in Zukunft will Juliette Detuschland besuchen. Sie hat hier viele Freunde. Und da ihr Bruder in Karlsruhe Machinenbau studiert, hat sie dort auch eine Adresse, an der sie willkommen ist. Und: "Durch einen Austausch vor einigen Jahren hat sich Juliettes Familie mit einer Familie aus Ibbenbüren angefreundet. Beide besuchen einander gerne. Juliette ist sicher: "Ich komme wieder."

IVZ vom 23.10.2014
Autor / Foto: Andrea Bracht